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Jenke Nordalm
Johannesstr.20
70176 Stuttgart

Heut werd ich nicht alt

Ein Projekt mit alten Menschen

Theater Aachen. Premiere 06.02.2009

Inszenierung Jenke Nordalm

Bühne und Kostüm Birgit Stoessel

Mit: Günter Goetzenich, Barbara Köhnen-Rehn, Doris Kollek-Schlunke, Finni Kühnast, Klaus Rassau, Henning Rohde und Elisabeth Schodder 

 

Pressestimmen

 Wenn die drei Herren und vier Damen in Aachen die Bühne betreten, wirken sie genau wie diese Bilderbuchsenioren. Kleine Altersgebrechen wie einen unsicheren Gang, einen zitternden Arm oder schlechte Augen bemerkt man erst auf den zweiten Blick. Aus ihren Geschichten, Gedanken, Ansichten und Erinnerungen hat die (junge) Autorin und Regisseurin Jenke Nordalm den Abend zusammen mit dem Ensemble entstehen lassen. Und der führt ganz weit weg vom Hochglanzklischee der Werbung. er lässt mit anrührender Wahrhaftigkeit, philosophischem Ernst und auch viel Humor Facetten eines Phänomens aufscheinen. Denn was das eigentlich ist: "Alter", wo es beginnt, woran man es erkennt, was es unterscheidet von anderen Lebensphasen, das kann man offenbar auch dann nicht insgesamt überschauen und wirklich begreifen. Selbst wenn man dazugehört. Über diese Ratlosigkeit will der Abend nicht hinwegtäuschen, aus ihr bezieht er sein Kapital. Alter wird nicht definiert, es wird eingefangen in winzigen Momentaufnahmen. Jeder der sieben "Experten" hat einen Sessel und daneben einen kleinen Tisch mit persönlichen Dingen: Fotos, Bücher, Zeitschriften, ein Radio. Einer beginnt zu erzählen, ein anderer mischt seine Geschichte hinein, wie absichtslos entstehen kleine Dialoge.

Jenke Nordalm hat es mit großem Geschick und ohne eingrenzende Enge verstanden, thematische Kapitel herauszubilden, die sich wie  Motive einer Komposition umspielen und verschränken. so kommen Erinnerungen zum Tragen an Kindheit und erste Liebe, aber auch Zukunftserwartungen, Angst vor Krankheit, Hilflosigkeit und Abgeschoben-Werden, Todesfurcht, einschneidende Erfahrungen wie der Verlust des Partners.

Mit einer Offenheit und Einfachheit, die tief berührt, lassen die sieben alten Menschen den Zuschauer teilhaben an dem, was sie verstehen und was ihnen selbst ein Rätsel ist und dennoch wahr. "Meine Frau war die große Liebe meines Lebens", sagt Günter, nachdem er vom langen Abschied am Krankenbett erzählt hat. "Und jetzt habe ich eine neue."

Dann ertönt der Gong - und alle nehmen ihre bunten Tablettenschieber zur Hand und werfen rasch eine Pille ein, damit es weitergeht - ohne Schmerzen, ohne Schwindelgefühle, ohne Pannen im Zusammenspiel der Organe, das längst nicht mehr selbstverständlich ist.  Das Publikum lacht über eine witzig choreographierte Nummer und voller Dankbarkeit, dass die sieben Experten soviel Distanz und Selbstironie aufbringen, niemals larmoyant werden und nie zu große Worte im Mund führen. Den Ernst und die Bedeutung ihres Themas haben sie damit nicht geschmälert - im Gegenteil. 

Nachtkritik 7. Februar 09 

 

 

Jeder einzelne der Truppe erweist sich mit sehr persönlichen Äußerungen als "Experte in Lebensfragen". Sie imponieren mit Offenheit, Temperament, Ausstrahlung und Humor.

Die Bedrückung und Ödnis des hohen Alters - sebst im bestgeführten Heim - wird mit Seufzen, stereotypen Bewegungsabläufen und Dösen angedeutet. Es wird aber auch die Lebenslust älterer Menschen offenbar, wenn etwa die Bühne zum Tanzsaal wird und die "Glorreichen Sieben" in elegante Kleidung schlüpfen. Und die attraktive 82-jährige Elisabeth Schodder, bleibt trotz wunderschöner Robe ohne Tänzer - ein unaufdringliches Zeichen dafür, dass viele Frauen im Alter allein sind, weil die Männer früher sterben.

Still wird's im Theater, wenn Günter Goetzenich (79) ruhig vom Sterben seiner Frau erzählt. Und die Zuschauerinnen, ob jung oder älter, amüsieren sich prächtig über Simone de Beauvoirs verräterische Aussagen über die weibliche Sexualität, die im Alter vitaler sei als die der Männer.

Am Ende die fast schon philosophische Bemerkung von Henning Rohde:"Älterwerden ist unsere Mission, unsere Aufgabe, die wir alle im Leben haben." Nach 75 Minuten Riesenapplaus und stürmisch geforderte Zugaben im ausverkauften Haus.

Aachener Zeitung 8. Februar 09