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Jenke Nordalm
Johannesstr.20
70176 Stuttgart

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Kriegerin

von David Wnendt. Fassung Tina Müller

WLB Esslingen. Premiere 11.02.2022

Inszenierung: Jenke Nordalm

Bühne und Kostüm: Vesna Hiltmann

Kampfchoreographie: Jan Krauter

Mit: Timo Beyerling, Alessandra Bosch, Sabine Dotzer, Julian Häuser, Mira Leipold, Philipp Screen

 

Pressestimmen

Hauptsache aggro. Schön die Fresse verziehen. Gern auch mal reinschlagen. Geballte Fäuste und purer Hass. Rohe Sprache, aber dann, in hohem Patriotenidiotenton: Deutschland! Zu lachen gibt's nichts. Höchstens über den Typen aus dem Flüchtlingsheim, den man zwingt, Pisse als Bier zu trinken. Nazis eben...Nordalms dynamische Regie mit den von Jan Krauter furios choreographierten Kampfszenen zielt indes auf anderes: die Analyse der Faszination der Gewalt. Die gegenläufig angelegten Geschichten der rechtsextremen Supermarkt-Kassiererin und angehenden Erzieherin Marisa und des Mädchens Svenja, das wie in einem aufmüpfigen Coming-Out dem Nazikult verfällt, ziehen obendrein unbehagliche Parallelen jenseits von Gut und Böse: zur antiautoritären Revolte der 68er und der Punks - und zu den Geflüchteten, auf die man doch eigentlich Jagd macht. Denn geflüchtet sind auch die Jungnazis: aus Rumpffamilien, Verständigungsnot, provinzieller Ereignislosigkeit...Ausgerechnet sie, die grundverpeilte Marisa, entwickelt ein Gespür für die geheime Nähe von Täter und Opfer. Eine Läuterung? vielleicht. Zumindest ein stärkeres und humaneres Gefühl. Und eine Einsicht: Anfangs wollte sie nichts als ein Kind von ihrem Freund und Führer Sandro - und dann heim ins Vierte Reich an den Herd. Dann erkennt sie, dass die selbsternannten Herrenmenschen vor allem Herren sind:ekelhafte sexistische Goßmäuler. Alessandra Bosch zeigt mit tapfer Miene und latenter Verletzlichkeit die zu menschlicher Entschlossenheit reifende Hasskriegerin. Und Mira Leipold verwandelt bedrückend glaubwürdig das Pubertätsmäuschen Svenja mit seinen Einsen im Zeugnis zur enthemmten Terrorschlampe: Tabubruch von rechts als Rebellion gegen Bürgertum, Enge und Eltern. Deren Ratlosigkeit geben Philipp Spreen und Sabine Dotzer wechselnde Gestalt zwischen Erziehungssadismus, Passivität und versagender Liberalität. Dass der rotzige Nachwuchs gleichwohl an den Lippen eine Rechtsaußen-Hetzers hängt, der aussieht wie aus dem gutbürgerlichen Kleiderschrank gepellt, passt ebenso ins Bild wie dessen rhetorisch aufgemotzte Widersprüche. Es geht eben auch um den Zusammenhang zwischen rechter Gewalt und dem Schüren bürgerlich anschlussfähiger Ressentiments. In der Modellhaftigkeit solcher Bezüge ist Nordalm Inszenierung so überzeugend wie ihr Powerplay.

Esslinger Zeitung, 14. Februar 22